Wir sammelten mit den Parkettkosmetikerinnen

Papier, Apfelsinenschalen, Kakaotüten



Seltsam, wenn man nachmittags das Schulgebäude betritt, fühlt man sich beinahe "wohl" darin. Alle Haupttüren stehen weit offen; man kann auch, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, den falschen Eingang benutzen. Man kann auch über die Treppe, die wir für gewöhnlich nicht benutzen dürfen, in den oberen Flur gehen. Denn Lehrer und Ordner, die immer sehr genau auf dieses Gebot achten, sind ja nicht da.

In den Klassenräumen, aus der ja sonst meistens die laute Stimme des Lehrers durch den Flur schallt, herrscht eine wohltuende Ruhe. Kein Mensch begegnete uns in dem leeren Gebäude. Bis plötzlich eine dunkle Stimme hinter uns sagte: "Was wollt ihr denn hier? Ich dachte, die Schüler seien froh, wenn sie den Schulbau am Nachmittag nicht mehr zu betreten brauchen." Wer war das? Niemand anders als unser Hausmeister. Wir erzählten ihm aber nichts über unser Vorhaben, sondern fragten nur, wo sich die "Parkettkosmetikerinnen" zur Zeit aufhielten. "Das weiß ich nicht!" war seine Antwort.

Plötzlich hörten wir auf dem unteren Flur laute Geräusche, Zuschlagen von Türen, das Umkippen eines Eimers und ärgerliche Stimmen. Jetzt aber nichts wie hin, denn das konnten nur die Putzfrauen sein. Sie hatten gerade ihrem Ärger durch lautes Schimpfen Luft gemacht. Der Anblick, den wir Schüler eigentlich gewohnt sein sollten, wurde sogar uns zuviel. Papierreste , Apfelsinenschalen, Bonbonpapier und Kreidereste auf dem Fußboden. Doch zuerst wollten die Putzfrauen wissen (was ja auch ganz natürlich ist), was wir denn eigentlich vorhätten. Daß wir eine Reportage für die Schülerzeitung bringen wollten, erschien ihnen ganz unverständlich. So etwas sei ihnen während ihrer ganzen Tätigkeit an der Schule noch nicht passiert. Sie hatten aber gegen unseren Plan nichts einzuwenden, und so durften wir beide, jede einen Besen in der Hand, mit ihnen durchs Gebäude ziehen.

Die erste Klasse, die wir "enterten", wurde von ihnen als sehr sauber bezeichnet. Wir sahen auch "nur": Papier, Apfelsinenschalen und viel Sand. Man sieht, die Putzfrauen sind so einiges gewohnt. Auch die nächste Klasse, so meinten sie, wäre noch recht ordentlich, obwohl wir sie als "unter aller Kanone" bezeichneten. Brotreste, Schreibpapier, Löschblätter und - man staune - eine leere Zigarettenschachtel, Marke "Ernte 23" !!!!!!

Dies alles aber, so meinten die Putzfrauen, wäre Gold gegen das, was wir im oberen Flur sehen könnten. Ausgelaufene Milch- und Kakaotüten unter den Bänken und in den Papierkörben. Aber am Schluß der Zeichenstunden nähen die Klassen am schlimmsten aus. Deckweiß auf den Tischen, Fußböden und sogar in den Papierkörben, außerdem sehr viel ausgeschüttete Wassergläser. Ist das unbedingt notwendig?

Eine Bitte der Putzfrauen: benutzt doch nicht die leeren Tintenfässer als Abfalleimer, sondern den Papierkorb in der Ecke, der bedeutend mehr faßt. Auch den Lehrern wird wärmstens empfohlen, nicht mit Kreide und nassen Schwämmen nach schlafenden Schülern zu werfen, da die Gefahr besteht, daß das so wertvolle Schreibmaterial anschließend auf dem Fußboden zertreten wird. Es ist nämlich sehr schwierig, die Reste zu beseitigen.

Die Physikstunden scheinen wohl ganz besonders langweilig zu sein. Hier wird immer das meiste Bonbonpapier gefunden. Nichts gegen das Essen, aber steckt das Papier doch in die Tasche und werft es zu Hause weg. Uber die Baracke konnten uns die Putzfrauen nichts sagen, da diese von Herrn Holtkamp sauber gehalten wird.


INGE JULIUS, ELSKE KNOPP